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Der Bundespräsident ( Dr. Thomas Klestil + )
Das europäische Einigungswerk ist heute an einem
entscheidenden Punkt angelangt, und immer wieder wird daher die Frage nach der
"europäischen Identität" gestellt. Und immer mehr wird in Zuge
dieser Diskussion deutlich, daß "europäisch" weniger eine
geographische Bezeichnung ist, als vielmehr eine Eigenschaft. Europäer ist man
nicht durch Geburt alleine, sondern wesentlich durch Bildung. Und es ist sowohl
eine vordringliche Aufgabe der Politik, wie auch jedes Einzelnen, die europäische
Bildung zu fördern und zu stärken. Dies um so mehr, als in unserer
Informationsgesellschaft wirkliche Bildung oft zu kurz kommt. Denn Bildung ist
nicht bloßes Anhäufen von Wissen oder Einlernen von Handlungsabläufen und
Techniken, sondern das Formen der eigenen Persönlichkeit. Bildung ist
Herzensbildung, ist ein Verstehen und Annehmen jener Werte, die sich in Europa
durch viele Jahrhunderte hindurch herausgebildet haben. Diese Werte - Toleranz,
Demokratie, Solidarität, Freiheit, um nur einige zu nennen – dürfen nicht zu
leeren Phrasen und Worthülsen werden, sonst sind sie zur Gestaltung der Zukunft
nicht tauglich. Sie müssen erfahren, erlebt und gelebt werden. Dann können wir
gemeinsam das "Haus Europa" vollenden.
– Mein Dank gilt Herrn Otto Pirzl, der aus eigener Initiative und nach Kräften
an der Gestaltung dieses Hauses arbeitet.
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